Psycho-Neuro-Konvergenzen?
Hypothesen und Erkenntnisse der modernen Neurowissenschaften haben vor allem im philosophischen Diskurs Beachtung gefunden. Parallel dazu zeichnet sich nun eine an Intensität gewinnende Auseinandersetzung über die Konsequenzen neurowissenschaftlichen Wissens für Konzepte, Deutungsmuster und Beweisgänge der Psychotherapie bzw. Psychoanalyse ab. Neben ersten Versuchen der konzeptuellen Hybridisierung ("Neuro-Psychotherapie", "Neuro-Psychoanalyse") äußert sich dies an der wechselseitigen Adaption von Begriffen, Erklärungsformen und Argumentationssträngen.
Von zentraler Bedeutung für diese Entwicklung war die technische Verbesserung bildgebender Verfahren (fMRT, PET). Auf ihrer Grundlage konnten raum-zeitlich ausdifferenzierte Bilder von neuronalen Aktivitätsmustern erzeugt und mit psychischen Zuständen und Krankheitsprozessen in Beziehung gesetzt werden. Psychische Vorgänge geraten dabei zum Spiegelbild organischer Aktivitäten und Prozessen. Die suggestive Kraft der Bilder, die dem Anschein einer Visualisierung der Psyche geschuldet ist, hat vor allem zwei Befürchtungen geweckt: erstens, dass neuronale Abweichungen zum dominanten Faktor im Verständnis psychischer Erkrankungen werden, sie also in den Deutungshorizont einer Hirnkrankheit rücken; und dass zweitens die Normalisierung der Hirnaktivität zum zentralen Kriterium des psychotherapeutischen Behandlungserfolges wird.
Zu den Fragestellungen des Forschungsvorhabens gehören:
- die wechselseitige Adaption von Begriffen;
- die Differenz bzw. Konvergenz von Semantiken;
- der Wandel von Deutungsmustern und Handlungskonzepten;
- Einflüsse auf das professionelle Selbstverständnis;
- Anpassungsprozesse und professionspolitische Abwehrreaktionen;
- Rahmenbedingungen und Kontexte der Diffusion neurowissenschaftlicher Erkenntnisse und Techniken
www.uni-hamburg.de/fachbereiche-einrichtungen/fg_ta_med/psycho-neuro-konvergenzen.html
Dauer: Beginn 01.03.2007 - fortlaufend
Projektleitung: PD Dr. phil. habil. Günter Feuerstein